Aus Schönhaide nach Südamerika: Der Vogelkundler, Zeichner und Maler Anton Goering
Auf Grund der hervorragenden Wirtschaftlichkeit ihrer Höfe verfügten viele Altenburger Bauern über Freizeit. Manche nutzten sie zur Beschäftigung mit Naturkunde und Geschichte. Inspiriert durch die Naturforschende Gesellschaft des Osterlandes, die Schriften Alfred Brehms und vor allem das Wirken Alexander von Humboldts, schlossen sich die Bauern in naturkundlichen Vereinen zusammen.
Aus dieser Tradition gingen auch bekannte Forscher wie Christian Anton Goering hervor. Der Handwerkersohn wurde 1836 in Schönhaide im heutigen Altenburger Land geboren und ihm gelang eine Karriere als Forschungsreisender, Zeichner und Tierpräparator. Anton Goering war bereits als Vierzehnjähriger Mitglied des „Ornithologischen Vereins des Pleißengrundes“ in Crimmitschau. Seine ersten künstlerischen Erfahrungen sammelte er in der Kunstschule Bernhard von Lindenaus in Altenburg.
1854 erhielt Goering eine Stelle als Präparator und Konservator im Zoologischen Museum der Universität Halle. Sein Lehrer wurde Dr. Hermann Burmeister, der den jungen Mann zwei Jahre später als Begleiter auf seine erste Forschungsreise nach Südamerika mitnahm.
Über diese Reise durch die La-Plata-Staaten führte Goering ausführlich Tagebuch und fertigte Skizzen der Landschaft und der Tierwelt an.
„19. November: Sehr für unsere Fahrt günstiger Wind, gegen ½ 11 Uhr morgens erblickten wir die Küste Brasiliens und in Folge des aufgehenden Windes lagen wir abends ½ 7 Uhr vor Rio de Janero vor Anker, gingen aber nicht am selben abend noch an Land, sondern blieben auf dem Schiffe und verleben in gewohnter Art noch […] einige Stunden.“
Aus Anton Goerings Reisetagebuch, 1854
Aus Anton Goerings Reisetagebuch, 1854
„Es gelingt mir bis zum 4. Mai 6 Stück von den Kolibris zu schießen die der H. Prof. so sehr wünschte und meint ich sei nicht im Stande welche zu erlegen weil dieselben so ungeheuer schnell sind, aber ich habe sie doch geschoßen […]“„Den 22. Septbr. reise ich wieder mit dem Hr. Prof. nach Paraná um noch 8 Tage bei ihm zu sein und dann die Rückreise nach Europa anzutreten; hiermit ist nun Schießen und Sammeln zu Ende und ich muß der Liebe Amerika laßen, doch ich muss es bald wieder sehen.“
Nach seiner Rückkehr aus Südamerika 1859 studierte Anton Goering Zeichnen und Malen in Leipzig und später in London. Auf den Spuren Humboldts begab er sich 1866 auf eine zweite Forschungsreise. Im Auftrag der Zoological Society of London unternahm er in Venezuela botanische und geografische Studien.
„Ich traf in Caripe eine alte 87jährige Frau, welche sich Humboldt’s noch erinnerte; sie sagte, daß er von Cumana über den San Antonio gekommen sei und mit seinem Freunde die Guacharohöhle besucht habe; sie hatte ihn in San Antonio gesehen. In der Guacharohöhle sieht man da, wo sie sich so zu sammenengt, daß man nicht weiter kann, Humboldt’s Namen, den er in einen Stein gekritzelt hat, noch ziemlich deutlich. Ich habe diese Stelle genau gezeichnet und werde Ihnen eine Skizze senden. Es machte auf mich einen eigenthümlichen Eindruck, als ich auf derselben Stelle stand, wo der größte Mann der Wissenschaft gestanden. Was mag er gedacht haben, als er die gewaltigen unterirdischen Hallen mit ihren tausendfach gebildeten Stalaktiten sah! Ich zeichnete das sogenannte Quarto precioso, von vier Fackeln beleuchtet, und den prachtvollen Eingang der Höhle, bei dreimaligen Besuchen. Wenn Humboldt damals gehört hätte, daß noch größere Höhlen in der Nähe vorhanden sind, gewiß würde er sich länger in Caripe aufgehalten haben, um dieselben zu besuchen.“
Anton Goering
Acht Jahre lang sammelte und präparierte Anton Goering seltene Tiere und hielt seine Eindrücke in Landschaftsaquarellen fest.
Mit seiner Arbeit leistete Anton Goering einen wichtigen Beitrag zur Erforschung Venezuelas. Unter anderem entdeckte er die bis dahin in Europa unbekannten Höhlen bei Caripe.
1883 erhielt er durch Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg den Professorentitel. Seine Reiseeindrücke veröffentlichte er 1893 in Leipzig unter dem Titel: „Vom tropischen Tieflande zum ewigen Schnee, Eine malerische Schilderung des schönsten Tropenlandes Venezuela“.
Trotz seiner Tätigkeit und seines Ansehens wurde Goering nie reich. Nach langer Krankheit starb er völlig verarmt am 7. Dezember 1905 in Leipzig, vermutlich an den Folgen eines Schlaganfalls. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Leipziger Johannisfriedhof.
Das Museum Burg Posterstein widmete Anton Goerings Leben 2019 eine Sonderschau. Auf die ständige Ausstellung des Museums thematisiert Anton Goering.
Daraus entstand auch die Erstfassung des deutschen Wikipedia-Artikeln über Anton Goering.
Eine ausführliche Zusammenfassung der Erkenntnisse der Ausstellung erschienen im Katalog #Humboldt4 zur Ausstellungsreihe:
Humboldt4
Katalog zur Ausstellungsreihe Humboldt4 im Altenburger Land
Hrsg: Lindenau-Museum Altenburg, Residenzschloss Altenburg, Museum Burg Posterstein, Naturkundemuseum Mauritianum Altenburg
2019, 12,00 Euro, ISBN 978-3-86104-099-6
Die Museen des Altenburger Landes – Lindenau-Museum, Residenzschloss, Naturkundemuseum Mauritianum, Museum Burg Posterstein – nahmen unter dem Titel: #humboldt4 in einer gemeinsamen Ausstellungsreihe und Publikation das Leben Alexander von Humboldts und sein Wirken auf die Region in den Blick.