Das so selten aufgegriffene Thema industrieller Vergangenheit bietet den interessanten Rahmen für die Sammlung Schmöllner Knöpfe im Museum Burg Posterstein. Es scheint gerade die dominierende Rolle einzelner Produktionszweige zu sein, die immer wieder maßgeblichen Einfluss auf den Lauf der Geschichte ganzer Landstriche nimmt. Die Entstehung und Entwicklung der Knopfindustrie erlangte in den letzten 120 Jahren prägenden Einfluss auf den Verlauf der Geschichte der Stadt Schmölln.
Die Sammlung “Schmöllner Knöpfe” dokumentiert Industriegeschichte
Ausgehend von dieser geschichtlichen Entwicklung erfolgte seit den 1950er Jahren die Anlage einer umfassenden Sammlung im Museum Burg Posterstein. Ansatz für die Sammlung bildete nicht die vom kunsthistorischen Standpunkt aus betrachtete Entwicklung des Knopfes an sich, sondern die museale Dokumentation einer industriehistorischen Entwicklung mit all seinen Begleiterscheinungen.
Der Umsicht des Unternehmers Donath ist es zu danken, dass die historischen Maschinen bei der Umstellung der Produktion der Firma Valentin Donath in den 1950er Jahren nicht vernichtet, sondern den Grundstock für die Sammlung des regionalen – damals “Kreismuseums” – Burg Posterstein wurden. Dazu kam über die Jahre eine Vielzahl unterschiedlicher historischer Muster-Knopfkarten. Letztlich beschaffte der ehemalige Betriebsleiter der letzten Schmöllner Knopffabrik gemeinsam mit Gleichgesinnten die neueren Produktionsmaschinen.
Im Bestand der abgeschlossenen Sammlung befinden sich über 1800 Musterknopfkarten mit tausenden, in Schmölln hergestellter Steinnuss-, Horn- und Kunststoffknöpfe, ferner Schriftgut, Fotografien, Anschauungs- und Dokumentationsmaterialien, Rohstoffe zur Knopfherstellung und letztlich Knopfmaschinen.
Die Sammlung ist bisher lediglich inventarisiert und auf Karteikarten dokumentiert. Die fotografische Erfassung ist unvollständig und stammt aus den 1980er Jahren auf schwarz-weiß- Filmen. Eine digitale Erfassung scheiterte bisher daran, dass diese Arbeit nur mit zusätzlichem Personal zu realisieren ist.
Teile dieser einmaligen Sammlung werden in zwei Häusern in der Stadt Schmölln gezeigt.
Die Geschichte: Schmölln erlangte Weltruhm mit dem Steinnussknopf
In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts erlebte Deutschland einen bis dahin nicht gekannten Aufschwung seiner wirtschaftlichen Entwicklung. Eine grundlegende Veränderung der bisherigen Verhältnisse bewirkten die Industrialisierung, die zunehmende Nachfrage nach Industrieerzeugnissen, der Einsatz der Dampfkraft als entscheidendes Antriebselement, der Ausbau des Eisenbahnnetzes, die Bildung von Aktiengesellschaften, der Abbau der Zollschranken, die Einführung der Gewerbefreiheit und Freizügigkeit der Landbevölkerung.
Im Zuge dieser Entwicklung und einer Reihe weiterer günstiger infrastruktureller Bedingungen konnte sich auch die Stadt Schmölln zum Industriestandort profilieren. Bis dahin verkörperte die Stadt eine Art Ackerbürgerstädtchen, in dem sich die Bürgerschaft auf Grundbesitz, Ackerbau, Viehzucht und ein gut entwickeltes Handwerk stützte. Neben der Aufhebung des Dienstzwanges 1837, der Einführung der Gewerbefreiheit 1863 und der Freizügigkeit der Bevölkerung 1867 im Herzogtum Sachsen-Altenburg, scheint es wohl eben dieser Charakter der Stadt gewesen zu sein, welcher die Ansiedlung von Industriebetrieben ermöglichte. Neben dem Erwerb von günstigem Bauland und der Fertigstellung der Eisenbahnlinie Gößnitz–Gera 1865, war auch der fortschreitende Niedergang der Weberei und die damit verbundene Freisetzung von Arbeitskräften eine der Grundlagen für den Beginn der Industrialisierung in Schmölln.
Weltmarktführer mit dem “Steinnuss-Knopf”
Unter diesen günstigen Voraussetzungen verlegte der Perlmutterdrechsler Hermann Donath seinen Betrieb nach Schmölln und meldete 1863 ein Gewerbe als Knopfmacher an. Auf der Suche nach neuen Rohstoffen reiste ein Jahr später sein Bruder Valentin Donath nach Berlin, um dort Kenntnisse über die Verarbeitung von Steinnüssen zu erwerben. Der Name Steinnuss bezieht sich auf den Samen der Früchte der Steinnusspalme, Phytelephas microcarpa RUIZ & PAVON und Phytelephas macrocarpa RUIZ & PAVON. Diese Palmenarten sind in den tropischen Gebieten Südamerikas (Kolumbien, Ekuador, Peru) heimisch und bilden dort an Flussufern der Ebenen und des Bergvorlandes reiche Bestände. Dabei stehen die stammlosen Palmen so dicht, dass sich unter ihnen keine Bodenvegetation ausbilden kann. Heute wird die Tagua-Palme auch außerhalb ihrer angestammten Gebiete kultiviert, beispielsweise in Indien, Sri Lanka und Afrika. Als wichtigste Exportländer treten Kolumbien, Ekuador, Peru, Panama und Brasilien auf.
Steinnüsse wurden in jener Zeit von Schiffen, die ohne Fracht von Amerika nach Deutschland zurückfuhren, als Ballast geladen, um dann im Hamburger Hafen billig verkauft zu werden. In Berlin beschäftigten sich verschiedene Holzdrechslereien mit diesem Rohstoff und nach der Rückkehr Valentin Donaths begann man dann 1867 mit der Steinnussknopfherstellung mittels Handdrehbänken in Schmölln.
Donaths Beispiel sorgte für eine Initialzündung und einen bis dahin nicht gekannten Aufschwung in der Stadt. Im Zeitraum von 1867 bis 1870 waren vier Gewerbeanmeldungen als Knopfmacher zu verzeichnen, 1871 bis 1880 entstanden sieben, zwischen 1881 und 1890 weitere 14 und bis um 1900 nochmals acht Knopffabriken. Inzwischen hatte sich die Einwohnerzahl der Stadt verdoppelt.
Nach zwischenzeitlichen Höhen und Tiefen war 1913/14 der Höhepunkt dieser Entwicklung erreicht und Schmölln wurde Weltmarktführer mit einem Produkt: dem Steinnussknopf. Daneben produzierte man in Schmölln Knöpfe aus Horn, Holz, Leder, aus Vulkanfiber, Galalith oder Zelluloid und aus verschiedenen Kunststoffen.
In späterer Zeit konnte nie wieder an diese Hochzeit angeknüpft werden. Seit der Weltwirtschaftskrise im letzten Jahrhundert verlor Schmölln immer mehr Marktanteile, begleitet von Firmenkonkursen und erheblicher Arbeitslosigkeit.
Nach 1945, als Schmölln seinen Namen als Knopfstadt längst eingebüßt hatte, verlagerte sich die Produktionsstruktur in andere Branchen, gleichwohl weiterhin Knöpfe, vor allem aus Polyester hergestellt wurden. Nach 1990 existierten in Schmölln noch eine Knopffabrik, welche hauptsächlich Polyester-, aber auch wieder Steinnussknöpfe herstellte und ein Handwerksbetrieb für Hirschhornknöpfe. Heute sind Schmöllner Knöpfe nicht mehr am Markt präsent.
Weitere Informationen zum Thema
Schmöllner Knöpfe: Weltruhm mit dem Steinnussknopf
Schmöllner Knöpfe – Aus der Geschichte der Schmöllner Knopfindustrie
Klaus Hofmann. Museum Burg Posterstein, 1995
Preis: 5,00 Euro
Erhältlich im Museum, auch per Post. Bestellung via (034496) 22595 oder museum@burg-posterstein.de.