Zum Wesen des Staubes – Staubexpeditionen auf Burg Posterstein mit Wolfgang Stöcker, Köln

Datum + Uhrzeit: 19.05.2019 - 18.08.2019, ganztags / all day
Ort: Sonderausstellung - Museum Burg Posterstein
“Was ist es wert, für spätere Generationen bewahrt zu werden und was gerät für immer in Vergessenheit?”, fragte sich der Kölner Künstler Wolfgang Stöcker und ging in der Burg Posterstein auf Staubexpedition. Seine Fundstücke dokumentierte er sorgfältig und goss sie anschließend zu Türmen auf Wachs. Die Ausstellung stellt mit einem Augenzwinkern essenzielle Fragen der Menschheit.
Katalog – aus dem Inhalt: Zur Ausstellung – Die Begegnung mit dem Staub. Die Dokumentation internationaler Stäube. Das Wesen des Staubes. Das Deutsche Staubarchiv Köln Posterstein – Eine Archäologie des Staubes. Postersteiner Staub im Bericht: Staubexpedition I. (09.08. – 10.08.2017). Soziokulturelle Dimensionen des Kehrens. Postersteiner Staub im Bericht: Staubexpedition II. (06.04.–08.04.2018). Die Staubschreine.

Blick in die Ausstellung “Zum Wesen des Staubes” mit Kunstwerken aus Staub und Wachs, Staubgemälden und Collagen des Kölner Künstlers Wolfgang Stöcker auf Burg Posterstein

Skulpturen aus Staub und Wachs in der Ausstellung “Zum Wesen des Staubes” des Kölner Künstlers Wolfgang Stöcker, die bis 18. August 2019 im Thüringer Museum Burg Posterstein zu sehen ist.
Die Ausstellung wird unterstützt:
Freistaat Thüringen
Bürgerstiftung Altenburger Land
Landkreis Altenburger Land
Museumsverein Burg Posterstein e.V.
Mehr zur Ausstellung lesen:
Staub als Kunst: In jeder Wollmaus steckt die ganze Welt
Im Blog:
Wie Burg Posterstein zum #Burgstaub kam
Täglich durchlebt der Mensch die tragische Illusion des staubfreien Moments
Veranstaltungen
19. Mai zur Ausstellungseröffnung:
10.30 Uhr: Kleine Staubsuche für Kinder
In einer alten Burg kann es sehr staubig werden. Wir laden euch ein, gemeinsam mit uns in und um die Burg Posterstein auf “Staubsuche” zu gehen. Was kann uns der “Staub der Jahrhunderte” erzählen?
14 Uhr: Staubexpedition mit Wolfgang Stöcker
“Was ist es wert, für spätere Generationen bewahrt zu werden?”, fragte sich Wolfgang Stöcker, Gründer des Deutschen Staubarchivs, und ging in der Burg Posterstein auf Staubexpedition. Am Internationalen Museumstag nimmt er Besucher mit auf eine geführte Staubexpedition durch die Burg.
15 Uhr: Ausstellungseröffnung „Zum Wesen des Staubes“ mit Künstlergespräch
18. August, 15 Uhr:
Salonnachmittag zur Finissage: Wolfgang Stöcker liest aus dem Buch zur Ausstellung
Das Projekt
“Jenseits der Worte beginnt das stille Reich des Staubes.”
„Staub ist ein grundsätzliches Material. Der interessante Stoff bedeutet Anfang und Ende. Zu Beginn war alles loser Sternenstaub, dann geschah eine Verdichtung hin zu mannigfachen Formen, die seither ständig entstehen und wieder zu Staub zerfallen.“, sagt der Kölner Künstler Dr. Wolfgang Stöcker. Der Gründer des Deutschen Staubarchivs (2019 umbenannt in Internationales Staubarchiv) ging 2017 und 2018 in der Burg Posterstein auf „Staubexpedition“.
Seine Fundstücke dokumentierte er sorgfältig und goss sie anschließend in turm- und hausartige Wachsobjekte ein, vermalte sie und archivierte sie in Folien. Das Museum will diesen Mikrokosmos der Burg Posterstein in Ausstellung und Buch sichtbar machen.
Über seine Arbeit sagt Wolfgang Stöcker: „Die Dokumentation von Staub an kulturell bedeutenden Orten wirft zugleich Fragen: Was wird aufbewahrt und dem Staub (dem Verfall) entzogen? Was wird dem Verfall preisgegeben? In diesem Zusammenhang sind schließlich drei weitere Aspekte wichtig: Wer beurteilt den Wert einer Sache? Wie lange ist ein Aufbewahren überhaupt möglich und was bedeutet es für eine Gesellschaft letztlich dem Aufbewahren beizuwohnen, sprich: Museen zu besuchen, Historisches zu bestaunen, Archive zu pflegen?“
Wolfgang Stöckers Beschäftigung mit dem Staub folgt durchaus einem ernsthaften philosophischen Ansatz und durch die künstlerische Beschäftigung damit entsteht aus dem unscheinbaren Stoff etwas völlig Neues. „Es ist der Versuch dem Staub nicht feindlich zu begegnen. Mittels Katalogisieren und Archivieren des Staubes entsteht eine Wertschätzung gegenüber dem ansonsten nur lästigen Material. Eine Fluse mit Archivnummer und Datum ihrer Auffindung, Staub in Vitrinen und hinter Glas gerahmt, ist kein normaler Staub mehr. Für die nun kommende Ausstellung in Posterstein wurden Partikel der Burg sogar als Malmittel benutzt. Die „Postersteiner Staubportraits“ zeigen die mögliche Schönheit des Staubes. Eigenartig genug, kann Staub plötzlich selbst zur pflegebedürftigen Materie werden, wenn Strategien der Inszenierung und Überhöhung auf ihn angewendet werden.“

Die Collagen aus Postersteiner Staub des Kölner Künstlers Wolfgang Stöcker im Museum Burg Posterstein
Das Museum will einerseits diesen Mikrokosmos der Burg Posterstein in Ausstellung und Katalog sichtbar machen und damit auch Antworten auf Stöckers Fragestellungen geben: „Warum sammeln wir das eine und ignorieren das andere? Wie lange können wir alte Dinge erhalten, bevor auch sie irgendwann zu Staub zerfallen?“
Wolfgang Stöcker selbst bezeichnet diese „Kleinraumfoschung“ mit einem Augenzwinkern als „interdisziplinäre Pseudowissenschaft“. Dennoch wird jede entnommene Probe mit Datum, Auffindort und –situation dokumentiert und fotografiert. Der Staub wird analysiert und ein ausführlicher „Staubbericht“ angefertigt. Darin beschreibt Stöcker nicht nur die Beschaffenheit der Probe, sondern setzt sie in ihren kulturhistorischen Kontext. Wo wurde der Staub entnommen, was ist in diesem Raum zu finden und wie wurde er früher genutzt? Lassen sich Einflüsse seiner Bewohner oder der Besucher finden?
Räume (Dachböden, Speicher, Keller), die einem öffentlichen Publikum nicht zugänglich sind, werden durch Fotos, die Proben selbst und die geschilderten Eindrücke für den Besucher erfahrbar. Im Fall der Burg Posterstein können Kunsthistoriker und Museum den Besuchern so einzigartige Einblicke in die Architektur des Hauses, seine Nutzung sowie in seine Geschichte und die, der Region um Altenburg, geben.
„Architektur ist ein ständiger Versuch, amorphe Gesteine, Mörtel, Sande in eine dem Menschen genehme feste und dann bewohnbare Form zu bringen.“, beschreibt Wolfgang Stöcker seine Arbeit, Teile der Staubproben in sogenannte „Wachsschreine“ einzubetten. Daraus entstehen Häuser, Türme, bis hin zu ganzen Städten aus Wachs und Staub. Aus den Überresten entsteht etwas völlig Neues. Das verarbeitete Wachs wurde von den Besuchern gespendet und mit kleinen Notizen versehen. Im Staub gefundene Überreste der Museumsgäste (z.B. Bonbonpapier) werden ebenfalls in das Wachs eingeschlossen. So kann der Besucher als „Verursacher“, Beteiligter und „Spender“ selbst Teil der Ausstellung werden.
„Staub ist das kleinste gemeinsame Vielfach unserer Kultur. Staub ist ein Demokrat. Er besiedelt Paläste und einfache Hütten. Staub ist zudem vielleicht das einzige wirkliche Kunstwerk. In der Natur kommt Staub nämlich nicht vor. ‚Lästiger‘ Staub ist daher eine wirkliche Kunst- und Kulturerscheinung“, sagt Stöcker. Er wirft mit seiner Sammelleidenschaft die Fragen auf: Warum sammeln wir das eine und ignorieren das andere? Was ist es wert, für spätere Generationen bewahrt zu werden und was gerät für immer in Vergessenheit? Wie lange können wir alte Dinge erhalten, bevor auch sie irgendwann zu Staub zerfallen?
Vom Staubsammeln auf Burg Posterstein im Jahr 2017 berichtete TV-Journalist Gunter Auer.